Attentat auf John F. Kennedy
Infoline
Attentat auf John F. Kennedy (1)
Weiterlesen...„Schon das Wort „Geheimhaltung“ ist in einer freien und offenen Gesellschaft abstoßend; und wir als Volk sind von Natur aus und historisch gesehen gegen Geheimgesellschaften, gegen geheime Eide und geheime Verfahren. Wir haben schon vor langer Zeit entschieden, dass die Gefahren einer übermäßigen und ungerechtfertigten Verheimlichung einschlägiger Fakten die Gefahren, die zu ihrer Rechtfertigung angeführt werden, bei weitem überwiegen. Auch heute noch ist es wenig sinnvoll, der Bedrohung durch eine geschlossene Gesellschaft entgegenzuwirken, indem man ihre willkürlichen Beschränkungen nachahmt. Auch heute noch ist es wenig sinnvoll, das Überleben unserer Nation zu sichern, wenn unsere Traditionen nicht mit ihr überleben. Und es besteht die große Gefahr, dass ein angekündigtes Bedürfnis nach mehr Sicherheit von denen aufgegriffen wird, die darauf bedacht sind, seine Bedeutung bis an die Grenzen der offiziellen Zensur und Verschleierung auszuweiten. Das werde ich, soweit es in meiner Macht steht, nicht zulassen. Und kein Beamter meiner Regierung, ob mit hohem oder niedrigem Rang, ob zivil oder militärisch, sollte meine Worte heute Abend als Entschuldigung dafür verstehen, die Nachrichten zu zensieren, abweichende Meinungen zu unterdrücken, unsere Fehler zu vertuschen oder der Presse und der Öffentlichkeit die Fakten vorzuenthalten, die sie zu kennen verdienen.““
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Weiterlesen...„Sie erfordert eine Änderung der Einstellung, eine Änderung der Taktik, eine Änderung der Aufgaben – von der Regierung, vom Volk, von jedem Geschäftsmann oder Gewerkschaftsführer und von jeder Zeitung. Denn uns steht weltweit eine monolithische und rücksichtslose Verschwörung gegenüber, die sich in erster Linie auf verdeckte Mittel stützt, um ihren Einflussbereich auszudehnen – auf Infiltration statt Invasion, auf Subversion statt Wahlen, auf Einschüchterung statt freier Wahl, auf Guerillas bei Nacht statt Armeen bei Tag. Es ist ein System, das enorme menschliche und materielle Ressourcen für den Aufbau einer engmaschigen, hocheffizienten Maschinerie eingesetzt hat, die militärische, diplomatische, geheimdienstliche, wirtschaftliche, wissenschaftliche und politische Operationen miteinander verbindet.“
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Weiterlesen...Bei dem Attentat auf John F. Kennedy kam der 35. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika am 22. November 1963 in Dallas durch zwei Gewehrschüsse ums Leben. Als Tatverdächtiger wurde Lee Harvey Oswald (1939–1963) verhaftet und zwei Tage später in Polizeigewahrsam von dem Nachtclubbesitzer Jack Ruby (1911–1967) getötet. Die von Kennedys Nachfolger Lyndon B. Johnson eingesetzte Warren-Kommission kam zu dem Ergebnis, Oswald sei der alleinige Täter gewesen. Ein später einberufener Untersuchungsausschuss des Repräsentantenhauses (HSCA) stellte dagegen fest, es habe wahrscheinlich mehrere Täter gegeben. Eindeutige forensische Beweise dafür gibt es nicht, vielmehr haben neuere Untersuchungen des verfügbaren Materials die Einzeltäterthese erhärtet. Die Frage wird allerdings bis heute kontrovers diskutiert. Das Attentat polarisierte die Öffentlichkeit nachhaltig: Die Mehrheit der Amerikaner geht davon aus, dass Kennedy Opfer einer Verschwörung wurde; nach wie vor werden einige Verschwörungstheorien in Betracht gezogen. Historiker vertreten überwiegend die Einzeltäterschaft Oswalds. Die Aufklärung des Mordfalls wurde von Anfang an von Pannen, Versäumnissen und Fehlern der Ermittlungsbehörden, Ärzte und Untersuchungskommissionen beeinträchtigt.
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Weiterlesen...Die Umfragen ergaben auch, dass zunächst nur 29 % der Amerikaner an die Alleintäterschaft Oswalds glaubten. Die Mainstream-Presse vertrat großenteils die Alleintätertheorie. In Leserbriefen und vereinzelt auch in Leitartikeln wurde diese Vorverurteilung Oswalds kritisiert. Die Zweifel beruhten auf den zum Teil irrigen und widersprüchlichen Presseberichten der hektischen ersten Tage, den Verlautbarungen der Ärzte des Parkland Hospital, die auf einer Pressekonferenz von einer Einschusswunde in der Kehle sprachen, und auf der Ermordung Oswalds durch Ruby, die den Verdacht erregte, Oswald habe mundtot gemacht werden sollen.
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Weiterlesen...Die Zweifel an der Alleintäterthese kamen zunächst vor allem aus Europa: In Frankreich erschien eine Artikelserie in der Zeitschrift L’Express, in Deutschland erschienen ähnliche Artikel in der Berliner Morgenpost und in der Welt. Im Juni 1964 bildete sich in Großbritannien ein Who Killed Kennedy Committee, dem prominente Linksintellektuelle wie der Philosoph Bertrand Russell, der Verleger Victor Gollancz und der Historiker Hugh Trevor-Roper angehörten. Das Komitee stützte sich vor allem auf einen Katalog kritischer Fragen, den der amerikanische Anwalt Mark Lane am 19. Dezember 1963 in der kleinen linksradikalen New Yorker Wochenzeitung National Guardian veröffentlicht hatte. Lane hatte Oswalds Mutter seine Dienste angeboten, ihren Sohn posthum zu vertreten. Nach der Veröffentlichung des Warren-Berichts fasste er seine Kritik 1966 in dem Buch Rush to Judgment zusammen – ein erster Bestseller zum Kennedy-Attentat.
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Weiterlesen...Im gleichen Jahr veröffentlichte Edward Jay Epstein eine ausgebaute Version seiner Masterarbeit. Sie trug den Titel Inquest: The Warren Commission and the Establishment of Truth und wurde ebenfalls ein Bestseller. Lane und Epstein konnten dabei auf die Recherchen engagierter und oft weiblicher Laien zurückgreifen. Sie kamen wie viele der ersten amerikanischen Zweifler an der Alleintäterthese, darunter auch der zweifache Nobelpreisträger Linus Pauling, aus dem linksliberalen Milieu. In den 1950er Jahren waren sie selbst Opfer von Verschwörungstheorien geworden, denen die Regierung im Rahmen des McCarthyismus gefolgt war, und nun erschütterte der Vietnamkrieg ihren Glauben an den liberalen Rechtsstaat. Nun glaubten sie, Kennedy sei erschossen worden, weil er sich in seiner Rede vor der American University am 10. Juni 1963 für ein Ende des nuklearen Rüstungswettlaufs mit der Sowjetunion ausgesprochen hatte.
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Weiterlesen...Weil durch die um sich greifenden Zweifel an der Alleintäterschaft Oswalds die Reputation des Washingtoner Establishments zu leiden drohte, das ja geschlossen hinter dem Warren-Bericht stand, riet ein CIA-Memo vom 1. April 1967, den Kritikern des Warren-Berichts eigennützige Ziele zu unterstellen und sie in die Nähe kommunistischer Propaganda zu rücken. Die Behauptung, die CIA hätte für diese Zweifel den bis dahin wenig geläufigen Ausdruck englisch conspiracy theory („Verschwörungstheorie“) populär gemacht, um damit den Glauben, hinter dem Attentat stecke eine Verschwörung, lächerlich zu machen und zu delegitimieren, gilt als widerlegt.
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Weiterlesen...Entstehung des Kennedy-Mythos
Der Mord an Kennedy wurde als historische Zäsur empfunden. Nach 1963 begannen sich die negativen Seiten der amerikanischen Politik immer deutlicher zu zeigen, beginnend mit den Bürgerrechtsbewegung über die Morde an Martin Luther King und Robert F. Kennedy, den Vietnamkrieg bis hin zur Watergate-Affäre. In kontrafaktischer Spekulation wurde vielfach der Schluss gezogen, dass diese unerfreulichen Entwicklungen hätten vermieden werden können, wenn Kennedy nicht ermordet worden wäre. Auch Oliver Stone ging in seinem Film JFK – Tatort Dallas davon aus, dass es unter Kennedy nicht zum Vietnamkrieg gekommen wäre.
Es entstand ein Kennedy-Mythos, der den Präsidenten zu einer Heilsgestalt emporhob. Hierzu trug auch seine Witwe bei, die in einem Interview das Leben und Regieren ihres Mannes als Camelot umschrieb, das mythische Schloss von König Artus und seiner Tafelrunde. Dadurch erschien das Attentat nachgerade als Königsmord, als schweres Sakrileg. Laut einer Gallup-Umfrage aus dem Jahr 2003 wurde Kennedy als größter amerikanischer Präsident neben Abraham Lincoln betrachtet.7 / 7 / 76Attentat auf John F. Kennedy (9)
Weiterlesen...Erklärungen für die verbreiteten Verschwörungstheorien
Der amerikanische Journalist Tom Bethell erklärt die verbreiteten Zweifel an der Alleintäterthese sozialpsychologisch: Menschen neigen demnach in irrationaler Weise dazu, für ein traumatisch empfundenes Ereignis eine Ursache von entsprechender Größe namhaft zu machen. Im Falle Kennedys soll es bereits seiner Witwe als eine unbefriedigende Erklärung erschienen sein, dass lediglich ein „alberner, kleiner Kommunist“ ihren Mann ermordet haben könnte: „Er hatte noch nicht einmal die Befriedigung, wegen der Bürgerrechte ermordet zu werden.“ In ähnlicher Weise führt der Berliner Historiker Knud Krakau die Entstehung einer regelrechten8 / 8 / 76Attentat auf John F. Kennedy (10)
Weiterlesen...„Verschwörungstheorienindustrie“ (die Zeitschrift Esquire listete bereits 1966/67 sechzig Verschwörungs- und Mordvarianten zum Kennedy-Attentat auf) darauf zurück, dass die offiziell angebotene Erklärung für den frühen Tod des beliebten Präsidenten in der Öffentlichkeit als unbefriedigend wahrgenommen worden sei: Der im September 1964 vorgelegte Bericht der Warren-Kommission lieferte nämlich kein plausibles Tatmotiv des angeblichen Einzeltäters Oswald. Das verbreitete Verlangen nach einer „‚heilenden‘ Erklärung“ habe Verschwörungstheorien hervorgebracht, die auf „einen gut funktionierenden Marktmechanismus getroffen“ seien.
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