Attentat auf John F. Kennedy
Infoline
Attentat auf John F. Kennedy (63)
Weiterlesen...Stand der Diskussion
Täterschaft und Hintergründe des Kennedy-Attentats sind umstritten. Nach jährlichen Gallup-Umfragen seit 1963 glaubten jeweils nur zwischen 10 und 36 % der befragten US-Bürger (2013: 30 %) an einen Einzeltäter. 50 bis 81 % (2013: 61 %) glaubten an mehrere Täter, wobei die meisten davon die Mafia als Auftraggeber vermuteten. Die Prozentanteile für die Einzeltäterthese sind seit 2001 stetig gestiegen, die für die Mehrtäterthese stetig gesunken.60 / 60 / 76Attentat auf John F. Kennedy (64)
Weiterlesen...Die Zahl der Buchveröffentlichungen zum Kennedy-Mord, die die Einzeltäterthese anzweifeln, wird auf der Grundlage einer Spezialbibliographie auf mehrere Tausend geschätzt. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, stammen sie aber allesamt nicht von ausgebildeten Historikern. Der britische Literaturwissenschaftler Peter Knight schreibt in seiner Geschichte der Darstellungsweisen des Attentats:
Die Einzeltäterthese wurde das „dominierende Paradigma“ zum Kennedy-Mord. Auch die meisten historischen oder politikwissenschaftlichen Darstellungen über Leben und Politik Kennedys folgen, sofern sie auf Kennedys Tod überhaupt eingehen, der Alleintätertheorie. Nach dem Berliner Geschichtsprofessor Knud Krakau neigen Historiographie und seriöse Publizistik deswegen dazu, eine Alleintäterschaft Oswalds anzunehmen, weil „alle Alternativen noch weniger überzeugen“.61 / 61 / 76Attentat auf John F. Kennedy (65)
Weiterlesen...Die Literaturwissenschaftlerin Eva Horn dagegen sieht den Fall als unaufgeklärt an: Dadurch, dass dem Aufklärungswissen der ermittelnden Behörden nicht zu trauen sei und zentrale Beweismittel, nämlich der Zapruder-Film und die Obduktionsberichte, unter Fälschungsverdacht gestellt wurden, gerate das Indizien-Paradigma in eine Aporie. In der „Kakophonie“ der verschiedenen „Enthüllungen“ sei jeder Versuch, die Wahrheit darzustellen, nur eine weitere Fiktion „in ständiger Reflexion auf andere, konkurrierende Versionen des Geschehens […] Mit JFK wird die Fiktionalität des Politischen selbstreflexiv“.
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Weiterlesen...Laut Michael Butter bildete das Kennedy-Attentat eine Zäsur im Umgang mit Verschwörungstheorien: Während in vorangegangenen Jahrzehnten die öffentlichen Debatten in den USA darum kreisten, ob eine bestimmte Verschwörungstheorie zutraf oder nicht, begannen die politischen Eliten und die Medien nach 1963, die Grundlagen dieser Art zu denken in Frage zu stellen und sich Sorgen zu machen über die Auswirkungen, die sie haben könnte: So seien Verschwörungstheorien verstärkt zum Gegenstand des Diskurses geworden, auch wenn man im Ganzen weniger an sie geglaubt habe.
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Weiterlesen...Künstlerische Rezeption
Das Kennedy-Attentat und die sich daran anknüpfenden Verschwörungstheorien sind mittlerweile fester Bestandteil der amerikanischen Kultur. In unterschiedlichen Medien hat das Thema, oft in einer von der Einzeltäterthese abweichenden Gestalt, künstlerischen Ausdruck gefunden.
Belletristik
In dem 1975 erschienenen Roman Illuminatus! von Robert Anton Wilson und Robert Shea, einer Satire über Verschwörungstheorien, wird geschildert, wie Kennedy an der Dealy Plaza von fünf verschiedenen Schützen gleichzeitig ermordet wird.64 / 64 / 76Attentat auf John F. Kennedy (68)
Weiterlesen...Der postmoderne Romancier Don DeLillo erzählt in seinem 1988 erschienenen Roman Libra, wie CIA-Agenten Oswald, den eigentlichen Protagonisten des Buches, dahin manipulieren, das Attentat vorzubereiten, das sie eigentlich scheitern lassen wollen. Warum es dann doch gelingt, lässt der Autor offen. Für DeLillo ist das Kennedy-Attentat ein Medienereignis, ein Beispiel für den Verlust einer kohärenten Realität, den Fernsehzuschauer durch die mediale Überrepräsentation von Gewalt und die Überfülle an teils widersprüchlichen Informationen dazu erleiden. Am Ende wird Oswald sozusagen doppelt erschossen: mit Jack Rubys Revolver und mit den laufenden Fernsehkameras. Die Literaturwissenschaftlerin Eva Horn nennt DeLillos Roman „den wohl besten literarischen Text über das Attentat“.
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Weiterlesen...Der amerikanische Schriftsteller Norman Mailer setzte sich mit dem Attentat auf Kennedy in zwei Büchern auseinander, die beide unterschiedliche Thesen zur Täterschaft vertraten. Nachdem er schon lange den Warren-Bericht scharf kritisiert hatte, veröffentlichte er 1991 den Roman Harlot’s Ghost, in dem er den Protagonisten, den CIA-Agenten namens Harry Hubbard, darüber spekulieren lässt, ob nicht Leute aus seiner eigenen Behörde den Mord an Kennedy organisiert oder die wahren Hintergründe vertuscht haben könnten. 1995 folgte dann eine umfangreiche Biographie Lee Harvey Oswalds. Die Genre-Einordnung dieses Buches ist schwierig: Mailer selbst nannte es „eine besondere Sorte Sachbuch, die man als Krimi einsortieren kann“, der Literaturwissenschaftler Peter Knight nennt es einen „Sach-Roman“. Das Werk basiert unter anderem auf Material, das Mailer in den inzwischen geöffneten Archiven des KGB gefunden hatte, sowie auf Interviews mit ehemaligen sowjetischen Agenten, die Oswald während seines Aufenthalts in der Sowjetunion überwacht hatten. Aus diesen Quellen zog Mailer nunmehr den Schluss, dass Oswald als Einzeltäter gehandelt habe.
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Weiterlesen...Der amerikanische Autor Stephen King veröffentlichte 2011 den Roman Der Anschlag. Darin hindert der Ich-Erzähler Jake Epping mittels einer Zeitreise Lee Harvey Oswald daran, sein Attentat auf John F. Kennedy auszuführen. Bei seiner Rückkehr in die Gegenwart stellt sich aber heraus, dass diese durch den veränderten Lauf der Weltgeschichte viel schlimmer geworden ist: Der Vietnamkrieg, den Epping eigentlich hatte verhindern wollen, fand auch unter Kennedy statt, das Civil Rights Act von 1964 gab es nie, Kennedys Nachfolger im Präsidentenamt wurde George Wallace, ein Anhänger der Rassentrennung, der die USA in einen Atomkrieg führte usw. Epping gelingt es, diese Änderung der Geschichte wieder rückgängig zu machen.
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Weiterlesen...Film
Eine erste Auseinandersetzung mit dem Kennedy-Attentat lieferte 1973 der Regisseur David Miller mit dem Film Unternehmen Staatsgewalt. Der Politthriller mit Burt Lancaster in der Hauptrolle wagt dazu eine Spekulation, der zufolge sich reiche und mächtige amerikanische Industrielle, hohe Geheimdienstoffiziere und Rechtsradikale verschworen haben, John F.Kennedy in Dallas zu ermorden und Lee Harvey Oswald als Sündenbock zu präsentieren. Auch I wie Ikarus von Henri Verneuil aus dem Jahr 1979 bezieht sich auf das Kennedy-Attentat. Zwar trägt der erschossene Präsident eines namentlich nicht genannten Staates den (französischen) Namen Marc Jary, aber der Handlungsverlauf ist eng an die Ereignisse von Dallas angelehnt; so trägt z. B. der angebliche Attentäter den Namen „Daslow“ (ein Anagramm für „Oswald“). Ähnlich wie in der Version Jim Garrisons entpuppt sich das Attentat schließlich als eine Verschwörung des Geheimdiensts, die von Generalstaatsanwalt Volney (gespielt von Yves Montand) aufgedeckt wird.68 / 68 / 76Attentat auf John F. Kennedy (72)
Weiterlesen...1991 löste der amerikanische Regisseur Oliver Stone mit seinem Film JFK – Tatort Dallas eine heftige Kontroverse aus. Stone hatte die Rechte an dem 1989 erschienenen Buch Crossfire. The Plot That Killed Kennedy des Verschwörungstheoretikers Jim Marrs erworben und auch selber ausgiebige Recherchen zum Kennedy-Attentat angestellt. Sein Film erzählt die Recherchen Jim Garrisons (gespielt von Kevin Costner) und seine misslungene Strafverfolgung Clay Shaws aus einer sympathisierenden Perspektive und ergibt in der Summe „ein Destillat der meisten der verschiedenen Verschwörungstheorien, die Attentatsforscher über die Jahre verbreitet hatten“. Dabei mischte er häufig authentisches Filmmaterial mit selbstgedrehten Szenen in schnellen Schnitten, sodass für die Zuschauer ununterscheidbar wurde, welche Bilder authentisch sind und welche nicht.
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